GASTBEITRAG: Die Aufbewahrungspflicht im Geschäftsverkehr
Für gewisse Gesellschaften – teilweise auch für Verbände und Vereine – hat der Gesetzgeber eine Pflicht zur kaufmännischen Buchführung und Rechnungslegung vorgesehen. Dazu gehört auch die Pflicht zur Aufbewahrung der Geschäftsbücher, Buchungsbelege, des Geschäftsberichts und des Revisionsberichts. Die entsprechenden Dokumente dürfen dabei während einer bestimmten Dauer nicht vernichtet oder entsorgt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Unternehmen der Beweispflicht für Geschäftsvorfälle nachkommen und allfällige zukünftige Rechtsstreitigkeiten vermieden werden können.
Wer ist aufbewahrungspflichtig?
Die Aufbewahrungspflicht geht einher mit der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung. Die Aufbewahrungspflicht der damit zusammenhängenden Dokumente ist dementsprechend abhängig davon, ob und inwieweit die betreffende Gesellschaft überhaupt buchführungs- und rechnungslegungspflichtig ist.
Grundsätzlich sind zur Buchführung und Rechnungslegung einerseits juristische Personen und andererseits Einzelunternehmen und Personengesellschaften, deren Umsatzerlös CHF 500’000.00 im letzten Geschäftsjahr übersteigt, verpflichtet. Für Vereine, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister einzutragen, besteht die Möglichkeit der vereinfachten Buchführung. Eine Verpflichtung zur Eintragung von Vereinen ins Handelsregister besteht nur dann, wenn ein kaufmännisches Gewerbe betrieben wird oder der Verein aufgrund seiner Grösse revisionspflichtig ist.
Es kann dementsprechend sein, dass die Dokumente in nachfolgender Ziffer aufgrund der Möglichkeit zur vereinfachten Buchführung gar nicht erstellt werden müssen. Selbstredend besteht in diesem Fall auch keine Aufbewahrungspflicht. Ist das jeweilige Dokument aber vorhanden, müssen die nachfolgenden Aufbewahrungsfristen zwingend beachtet werden.
Wie lange muss aufbewahrt werden?
Die Aufbewahrungspflicht beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Geschäftsjahres, wobei sich die Dauer der Aufbewahrung nach der Art des Dokumentes – sofern dieses für die gewählte Gesellschaftsform überhaupt erstellt werden muss – bestimmt:
- Geschäftsbücher, Vorstands- und Mitgliederversammlungsprotokolle, Buchhaltung und Buchungsbelege müssen bis zum Eintritt der absoluten Verjährung, mindestens für eine Dauer von zehn Jahren nach Ablauf des Geschäftsjahres aufzubewahren. Zu empfehlen ist, dass auch buchungsrelevante Korrespondenz (bspw. Mails und Briefe) für die gleiche Dauer aufbewahrt wird.
- Geschäftsbericht und Revisionsbericht sind ebenfalls zehn Jahre aufzubewahren, und zwar in Papierform und unterzeichnet.
- Die für die Steuerpflicht wesentlichen Unterlagen sind, entsprechend der steuerrechtlichen absoluten Veranlagungsverjährungsfrist und der Nachsteuerverjährung, für eine Dauer von fünfzehn Jahren
- Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer sind grundsätzlich für eine Dauer von zehn Jahren Eine Ausnahme bilden die Dokumente im Zusammenhang mit Grundstücken. Diese sind für mindestens zwanzig Jahren aufzubewahren.
- Personalakten und Akten, die in einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit relevant sein können (z.B. im Rahmen der Sozialversicherung, der Lohndeklaration und des Arbeitszeugnisses) sollten bis zehn Jahre nach Austritt des entsprechenden Mitarbeiters aufbewahrt werden.
Wie muss aufbewahrt werden?
Alle Dokumente, mit Ausnahme des Geschäfts- und Revisionsberichts, dürfen elektronisch aufbewahrt werden. Die Echtheit und Unverfälschbarkeit muss aber gewährleistet sein; d.h. die Geschäftsbücher und Belege müssen so geführt, erfasst und aufbewahrt werden, dass sie nicht nachträglich verändert werden können, ohne dass sich dies feststellen lässt. Der Geschäfts- und Revisionsbericht muss unterzeichnet und schriftlich in Papierform aufbewahrt werden. Sämtliche Unterlagen sind sorgfältig, geordnet und vor schädlichen Einwirkungen geschützt aufzubewahren. Die gewählte Aufbewahrungsform muss das Einsehen und Prüfen der Dokumente innert nützlicher Frist gewährleisten. Zugriffe und Zutritte zu den aufbewahrten Dokumenten sind aufzuzeichnen und aufzubewahren.
Verhältnis zum Datenschutzgesetz
Naturgemäss stehen die Aufbewahrungspflicht und der Datenschutz in einem Spannungsverhältnis. Gemäss dem Schweizerischen Datenschutzgesetz dürfen Personendaten nur rechtmässig bearbeitet werden, d.h. die Bearbeitung muss unter anderem nach Treu und Glauben erfolgen, zudem muss sie verhältnismässig, wie auch zweckgebunden sein.
Daten können demgemäss zunächst einmal so lange aufbewahrt werden, wie der Zweck, zu dem sie erhoben wurden, noch nicht erfüllt ist; sie also noch gebraucht werden. Weiter können Daten aufbewahrt werden, solange dies zur Geltendmachung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist oder ein anderes überwiegendes berechtigtes Interesse gegeben ist. Schliesslich sind Daten so lange aufzubewahren, wie eine gesetzliche Aufbewahrungspflicht besteht.
Fazit
- Die Aufbewahrungspflichten sind je Dokumenttyp unterschiedlich ausgestaltet.
- Es ist unverzichtbar, aktiv die Aufbewahrungspflichten in bestehende Prozesse zu integrieren oder neue Prozesse zu definieren, die sicherstellen, dass
- die Aufbewahrung den gesetzlichen Mindestaufbewahrungsfristen genügt,
- nach Ablauf der Fristen aufgrund der datenschutzrechtlichen Vorgaben die Unterlagen anonymisiert oder vernichtet werden.
- Darüber hinaus lassen sich durch eine rechtsgenügliche Aufbewahrung Beweise sichern, was der eigenen Rechtssicherheit dient. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen müssen die Daten sodann aus datenschutzrechtlichen Gründen anonymisiert oder vernichtet werden, wobei damit wiederrum unübersichtliche Archive vermieden werden können.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Häusermann + Partner. Für Fragen oder Beratungen steht Häusermann + Partner gerne zur Verfügung.
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